Ostthüringer Zeitung, Dienstag, 17. November 2020, Text und Fotos: Luise Giggel
Nur eine Wand bleibt stehen
Abriss des ehemaligen Heizwerks Gera-Süd am Elsterdamm
Gera. Noch ragen die Schornsteine des ehemaligen Heizwerks Gera- Süd der Energieversorgung Gera (EGG) in den Himmel. Doch schon bald werden sie, wie das gesamte Gebäude, dem Erdboden gleich sein. Sogar der Keller wird zurückgebaut – bis auf die Betonwand in Richtung Elsterdamm. „Sonst würde die Straße womöglich absinken“,erklärt Bauleiter Pedro Lanzar Tore von der Abrissfirma Laarakkers Democom. Der Name der Firma ist durch den Zusammenschluss beider Einzelunternehmen, die auch in den Niederlanden und Belgien tätig sind, entstanden. Gemeinsam haben sie sich auf Großabbrüche spezialisiert. „70 Prozent des Stahlabbruchs ist ungefähr erledigt“, fasst Pedro Lanzar Tore beim Rundgang über die Baustelle zusammen. Er zeigt in die fast leere 19 Meter hohe Halle, in der nur noch Reste der Heizwerk- Anlage am Boden liegen. Ein Mitarbeiter zerbrennt gerade eine Leiter an ihren Schweißnähten, ein anderer zerteilt ein Rohr ein paar Meter weiter oben. Mit einem lauten metallischen Knall fällt schließlich ein großer Teil ab. „Wir gehen besser nicht hinein, das wird zu gefährlich“, meint der Bauleiter.
Mülltrennung im Großformat
Auch von außen ist zu erahnen, dass das Gebäude nicht mehr lange stehen wird. Die Fassade am hinteren Gebäudeteil ist nur noch nackter Beton. Der große runde Öltank ist bereits weg. An seiner Stelle wurde ein Brennplatz eingerichtet, auf dem bis zu einen Meter dicke Stahlträger der Hallen in kleine Teile zerlegt werden. Alles, was einmal auf dem 5600 Quadratmeter großen Gelände stand und steht wird containergerecht zerkleinert und abtransportiert. Ähnlich wie beim häuslichen Mülltrennen werden auch hier die Einzelteile streng nach Material aufgeteilt. Zuerst mussten die Isolierungen aus Mineralwolle entfernt werden. Allein dieser Schritt dauerte drei Monate. Dann wird alles andere nach und nach abgetragen, zerteilt, herausgeschleppt. Derzeit arbeiten sieben Mitarbeiter hier: fünf Brennschneider und zwei Maschinisten. „Anfangs waren es sogar 20 Leute“, erzählt Pedro Lanzar Tore. Alles, was hier zurückgebaut wird, landet beim Schrotthändler. Die meisten Metalle werden eingeschmolzen und können beispielsweise für Autos oder Kühlschränke wiederverwendet werden. Auch Kabel, Kupfer und Kunststoffe werden später wieder benutzt. Für die fachgerechte Entsorgung müssen Nachweise erbracht und von Behörden geprüft werden. „Das Bauen ist leichter, beim Abriss muss erst alles analysiert werden“, sagt Lanzar Tore und grinst verschmitzt. Mit dem Weiterverkauf der rückgebauten Materialien will die EGG finanziell insgesamt bei plus/minus null landen.
Zukunft der Gelände noch ungewiss
Die Arbeiten im Heizwerk Gera-Süd verlaufen nach Zeitplan und sollen bis Ende des Jahres fertig werden. Beim Heizkraftwerk Nord sieht es etwas anders aus, hier dauert der Rückbau voraussichtlich noch bis Ende März 2021 an. Begonnen hat der Abriss bereits Anfang März, beschlossen war er schon deutlich länger: die 2019 ans Netz genommenen Kraftwerk- Standorte in Lusan und Tinz machten sowohl das Heizwerk Gera-Süd als auch das Heizkraftwerk Nord überflüssig. Da die Grundstücke in guter Lage „noch wertvoll und verwertbar sind“, wie Rüdiger Erben von der EGG erklärt, entschied man sich zum Abriss. Was danach mit den Grundstücken passieren soll, steht noch nicht fest. Das Gelände an der Autobahn könnte sogar bei der EGG bleiben. „Wir stehen nicht im Zugzwang, das unbedingt verkaufen zu müssen“, sagt Rüdiger Erben. Er ist verantwortlich für den Rückbau der beiden Werke. Der Standort Gera-Süd war bereits im Gespräch für ein mögliches Gefahrenabwehrzentrum der Stadt Gera, Verkaufsverhandlungen seien aber noch nicht ganz abgeschlossen. Unabhängig von künftigen Planungen geht der Abriss des ehemaligen Heizwerks Gera-Süd stetig weiter. Bis nur noch eine unterirdische Betonwand übrig ist.