1,40 Meter dicken Beton in 120 Metern Höhe wegschneiden. Das macht das Unternehmen Laarakkers Democom seit Oktober 2024 in Boxberg mit einem an einem Seilbagger befestigten Powerpack. Dieses wurde von Rigter Rentall & Repair geliefert, die einen Demarec DCC75 Betonschneider unter das Powerpack gehängt hat.
Der Abbruch der Kühltürme des ehemaligen Braunkohlekraftwerks in Boxberg wird von Laarakkers Democom durchgeführt. Das Unternehmen baut hier vier identische Kühltürme zurück. Drei von ihnen werden mittels Sprengung zu Fall gebracht. Beim vierten war dies nicht erlaubt, weil die Risiken zu hoch waren. Direkt neben diesem Kühlturm befindet sich eine Schaltanlage. Wenn diese getroffen wird, ist das ganze Gebiet ohne Strom. Und das ist nicht ganz auszuschließen, da der 40 Jahre alte Beton bereits mehrere Risse aufweist. Der Bauherr entschied sich daher für das Schneiden.
Das Schneiden einer so hohen Betonstruktur kann nicht mit einem gewöhnlichen Abbruchkran durchgeführt werden. Der höchste Abbruchkran ist 74 Meter hoch, und das Werkzeuggewicht ist auf 3 Tonnen begrenzt, weiß Kees Rigter von Rigter Rentall & Repair (RRR). Der Kühlturm ist wesentlich höher, und um die dicke Oberkante abzutrennen, ist eine schwere Betonschere erforderlich. Der Rand ist 1,40 Meter dick, das erfordert eine Betonschere, die sich bis zu 1,75 Meter öffnen kann.
Dann kann man mit einem Turmdrehkran arbeiten, den man in der Mitte des Kühlturms aufstellt, oder mit einem Seilbagger“, sagt Geschäftsführer und Mitgesellschafter Wiljan Laarakkers von Laarakkers Democom. Eine zusätzliche Herausforderung war der Durchmesser der Kühltürme von 80 Metern. Mit einem intelligenten Ansatz konnte Laarakkers die Arbeiten mit einem Seilbagger durchführen, ohne ihn zu versetzen. Das Versetzen hätte einen zusätzlichen Tag gekostet. Dazu haben wir zunächst ein Stück an der Spitze des Kühlturms V-förmig entfernt. Dadurch konnten wir den Ausleger abflachen und somit weiter reichen. Das war weit genug, um auch die andere Seite abzureißen.
Reichlich Erfahrung
Laarakkers wandte sich an Rigter, um die richtige Ausrüstung mit einem Powerpack in einem Seilbagger zu erhalten. Rigter hat damit reichlich Erfahrung. Bereits 2017 forderte Maarten Lek von Lek Sloopwerken eine Lösung für die Entfernung von temporären Verstärkungswänden für die Seeschleuse IJmuiden an. Es folgten mehrere Projekte, die 2020 mit dem Abriss des 172 Meter hohen Schornsteins des Kernkraftwerks Borssele in den Niederlanden ihren Höhepunkt erreichten.
Hubbalken im Powerpack
‘Der Einsatz eines Powerpacks ist an sich nichts Besonderes. Aber die stehen eigentlich immer nur auf dem Boden. Dann braucht man lange Schläuche zwischen der Kraftstation und dem Werkzeug. Außerdem muss man diese Schläuche in den Kran einhängen und mit dem Werkzeug mitfahren lassen. Dafür braucht man eigentlich einen Doppelhaken. Und selbst dann ist es noch knifflig. Man muss ständig mit dem Fernglas aufpassen und Anweisungen geben, wie man beide Haken kontrolliert.‘
Deshalb hängen wir das Aggregat in den Kran, so dass man mit kurzen Schläuchen arbeiten kann. Das Besondere daran ist die Größe des Powerpacks und das Gewicht, das darunter hängen kann. Wir haben Hebebalken eingebaut, damit wir schwere Werkzeuge verwenden können. Außerdem können alle Arten von Werkzeugen ubter den Kran gehängt werden. Die Lösung ist also wirklich multifunktional.
RRR vermietet und verkauft Powerpacks mit 14, 65, 150 und 430 PS. In Boxberg kam das schwerste Aggregat zum Einsatz. Es liefert 575 l/min bei 320 bar und ist ebenfalls in der Umweltklasse Euro 6 eingestuft. Das Aggregat selbst wiegt 6 Tonnen und es kann ein Hubgewicht von bis zu 25 Tonnen darunter gehängt werden.
Schwerste Betonschere
Zum Schneiden der Betonkante wählte Rigter eine Demarec DCC75. Dies ist die schwerste von Demarec gelieferte Betonschere. Die DCC75 hat ein Betriebsgewicht von 6,3 Tonnen und eine Bruchkraft von 1961 kN. Rigter hat diese Schere für diesen Auftrag neu gekauft.
Die Kunst besteht natürlich darin, die Schere in dieser großen Höhe an der richtigen Stelle auf dem Beton zu positionieren. Wir haben zwei Kameras am Kran angebracht, damit man die Schere gut sehen kann. Die Kameras werden vom Kranführer bedient, aber wir haben auch eine Einheit mit einem Kontrollraum auf dem Boden. Von dort aus wird die Schere mit einer Fernbedienung gesteuert. Die Fernsteuerung hat eine Reichweite von 250 Metern.
Problematisch ist natürlich, dass ein Seilbagger empfindlich auf Bewegungen und Wind reagiert. So kann das Aggregat anfangen, sich zu drehen. Wir können oben eine Drehfunktion einbauen, um das zu korrigieren, aber das Wichtigste ist, dass man einen guten Bediener hat, der mit demjenigen zusammenarbeitet, der die Fernsteuerung hält. Man muss die Schere auf den Beton setzen und sie schneiden lassen. Dann entlastet man sie ein wenig und fährt sie nach oben. Die Schere bleibt also auf dem Beton, man hebt sie nicht an. Selbst dann ist es eine ziemlich intensive Arbeit. Deshalb wird die Arbeit von zwei Arbeitern erledigt, die sich alle zwei Stunden abwechseln.
Pulverisieren
In Boxberg wurden die schweren Betonscheren nur für die dicke Oberkante des Kühlturms verwendet. Die Wände darunter sind nur 25 cm dick. Wenn der Bediener möchte, kann er damit auch größere Stücke der dünneren Wände abtrennen, das ist kein Problem. In diesem Fall fanden man es einfacher, das mit einem Pulverisierer zu tun. Der ist 90 cm breit, während die Schere nur 15 cm breit ist. So kann man ein größeres Stück in einem Zug pulverisieren.‘
Kees Rigter ist sich sehr wohl bewusst, dass der Kran, den Laarakkers für diese Arbeiten mietet, seinen Preis hat. Das bedeutet, dass Ausfallzeiten vermieden werden müssen. Deshalb verfügt Boxberg auch über die notwendige Ersatzausrüstung, darunter Scheren, aber auch ein zusätzliches Powerpack. Und wir haben ein weiteres Aggregat in unserem Unternehmen in Eemnes. Sollte also ein Aggregat ausfallen, haben wir sehr schnell ein anderes in Bereitschaft.
Nicht die erste Wahl
Die Arbeit mit einem Kraftpaket im Seilbagger mit Betonschere darunter war jedoch nicht Laarakkers‘ erste Wahl. Technisch ist es möglich, aber es ist nicht die wirtschaftlichste Lösung. Deshalb haben wir lange Zeit über andere Lösungen nachgedacht, so zum Beispiel den Kühlturm zu sprengen oder durch Entfernen der Säulen zum Einsturz zu bringen. Letzteres haben wir schon bei anderen Kühltürmen gemacht. Wir machen das mit einem ferngesteuerten Bagger. Wenn man die Säulen darunter in der richtigen Reihenfolge herausnimmt, geht es gut. Das ist eine sehr gute Technik, und wir erwarten in Zukunft verstärktes Interesse daran auch für andere Gebäude. Aber der Auftraggeber hat sich hier für das Schneiden entschieden und auch die Mehrkosten bezahlt“, sagt Wiljan Laarakkers.
Laarakkers hat diese Lösung zum ersten Mal angewandt. Wiljan Laarakkers stimmt zu, dass es sich um eine technisch gute Lösung handelt, die von Rigter „sehr professionell“ eingerichtet und überwacht wurde. Mit den Kameras, der Steuereinheit und der Anleitung des Bedieners haben sie es sehr gut gemacht. So konnten auch die Schere und der Pulverisierer gut positioniert werden. Im Stahlseil hängend, haben sie sich auch selbst an die Arbeit gemacht. Natürlich kann man nicht stoßen oder Druck ausüben wie bei einem Abrisskran, aber es geht ganz gut. Das größte Problem ist eigentlich der Wind. Sobald der Wind stärker wird, darf man mit einem Kran in dieser Höhe nicht mehr drehen. Das hat zu ein paar Tagen Ausfallzeit geführt.
Inzwischen wurde auf der Baustelle ein ferngesteuerter Bagger eingesetzt. Dabei handelte es sich um einen 25-Tonnen-Bagger von Hitachi, der mit einem „Remoquip-Fernsteuerungssystem“ ausgestattet war. Dieses System kann eigentlich an jedem Bagger angebracht werden. Damit kann man ihn bis zu 500 Meter weit steuern, und zwar mit einem Paket von Joysticks vor dem Bauch. Wir haben diese Technologie hier eingesetzt, um eine eingebaute Schicht aus Betonfertigteilen zu entfernen. Diese war auf Asbestunterlegplatten verlegt worden. Wir konnten jetzt den ganzen Einbau erst einmal nach außen bringen und dann dort den Asbest sanieren, natürlich in Abstimmung mit den zuständigen deutschen Behörden.
Artikel erschienen in der niederländischen Zeitschrift Bouwmachines